- Wohin mit meiner Trauer – Welche Hilfen bzw. Stellen gibt es, wo ich mich hinwenden kann?
Sabrina J. Beller: Für Betroffene gibt es grundsätzlich eine Vielzahl von Anlaufstellen, die Ihnen helfen können. Diese unterscheiden sich häufig in der Spezialisierung, d.h. geht es um den Verlust des Kindes oder um den Verlust des Partners sind jeweils unterschiedliche Selbsthilfegruppen, Verbände oder Vereine aktiv. Diese sind über das Internet heute schnell und auf Wunsch auch anonym zu finden. Daneben bieten Hospizdienste verschiedene Angebote zur Trauerbewältigung an. Adressen finden Sie in Ihrem örtlichen Telefonbuch oder im Internet. Vor allem bei akuten Todesfällen sind die Pfarrer oder Pastoren der jeweiligen Kirchengemeinden eine geeignete Anlaufstelle; häufig stellen sich auch kirchliche Seelsorgedienste für weitere Begleitungen von Familien und Einzelpersonen zur Verfügung. Für die mittel- und langfristige Trauerarbeit und – Bewältigung eignen sich jedoch vor allem die psychotherapeutischen Angebote bei psychologischen Psychotherapeuten und Heilpraktikern für Psychotherapie, da diese therapeutisch ausgebildet sind und je nach praktizierendem Verfahren eine große Stütze sein können.
- Eine nahestehende Person trauert. Ich scheine aber nicht zu ihr durchzukommen. Was kann ich tun?
Sabrina J. Beller: Grundsätzlich kann niemand von ‚außen‘ beurteilen, wie es in einem Menschen nach einem tragischen Verlust wirklich aussieht. Oft tragen wir eine Maske und verstecken unsere wahren Gefühle vor anderen. Häufig befinden sich die Betreffenden noch lange Zeit in einer Art ‚Schock-Starre‘. Das macht es für Andere schwer, Trost und Zuversicht zu spenden. Auch Worte und Ratschläge dringen oft gar nicht durch, da der Mensch in Trauer ‚versunken‘ ist und aus ihr auch gar nicht herausgerissen werden sollte. Denn Trauer ist ein Grundbedürfnis und jeder hat das Recht, sie auf seine Weise auszudrücken. Psychologisch gesehen ist es jedoch wichtig, dass Menschen über den Verlust und die Trauer sprechen. Hier kann ein Therapeut oder eine Therapeutin helfen, da es oft leichter ist, sich einer ‚fremden‘ Person zu öffnen als jemandem aus dem Verwandtschafts- oder Freundeskreis. Ein verändertes Verhalten der Person (Rückzug, Aggression, Überaktivität, Depression) deutet auf Trauerprozesse hin. Für Erwachsene wie für Kinder gilt generell, dass jeder Mensch auf seine individuelle Art und Weise trauert. Dabei kann es sein, dass wir als Tröstende gar nicht gefragt oder gar nicht erst ‚gebraucht‘ werden. Das sollten wir in diesem Moment dann auch akzeptieren und nicht vergessen, zu späterer Zeit immer mal wieder ein Angebot zu machen: Hey, ich bin da für Dich!, falls sich der Trauernde doch auf uns und unsere Hilfe berufen möchte. Meist ist dies aber erst längere Zeit nach dem akuten Verlust der Bezugsperson der Fall.
- Ab wann bzw. welcher Dauer ist eine Trauer nicht mehr ‚normal’?
Sabrina J. Beller: In der Psychotherapie bzw. Psychiatrie gilt eine Trauer, die länger als 6 Monate anhält, bereits als ‚abnorm‘. Doch diese strenge Kategorisierung wird heute in der Praxis ebenso wie in unserem Alltag eher kritisiert. In der Gesellschaft gesteht die Umwelt einem Trauernden in der Regel mindestens ein Jahr ein – das so genannte ‚Trauerjahr‘. Und es gibt Menschen, vor allem ältere Generationen, die nach diesem Jahr anfangen, sich über diese Person zu wundern. Jeder sollte allerdings seinem eigenen, ‚inneren‘ Trauerprozess folgen dürfen, ohne von außen Druck zu bekommen. Trauer dauert eben so lange, wie sie dauert! Und auch kulturell gibt es ganz unterschiedliche Trauerzeiten, Riten und Rituale, die Menschen einhalten. Diese sollte man in jedem Fall auch immer respektieren. Oft kann ein Mensch Jahre oder Jahrzehnte benötigen, um mit dem persönlichen Verlust und seiner Trauer fertig zu werden. Das heißt: Menschen sollten generell ein hohes Maß an Verständnis zeigen und die Gefühle des Trauernden nicht in ‚normal‘ und ‚abnormal‘ einordnen.